Der Widder Monat April
Erich Bauer
Kinder Ihrer Jahreszeit
Jedes Jahr am 21. März springt die Sonne in den Frühling. Der Tag überholt die Nacht und lässt sie von nun an immer weiter hinter sich zurück. Die Natur entwickelt ihre grösste Kraft: Gleichzeitig und überall drängt sie nach draussen, schiebt zur Seite, was ihr den Weg versperrt, wächst, grünt, blüht – platzt in die Welt, als wäre der Frühlingsbeginn ein Startsignal für einen Wettlauf zum Licht. Zu keiner anderen Zeit ist die Natur so drängend, expansiv, fast erobernd und rücksichtslos. Sie feiert ihr größtes Fest: die Geburt einer neuen Welt.
Im Reich der Tiere werden Stellungskämpfe ausgetragen. Immer geht es dabei darum, wer der Stärkere ist. Die Verlierer müssen fliehen oder werden auf schlechtere Rangplätze im Rudel verwiesen. Und der Sieger? Er hat die vergnügliche Pflicht, seine Erbmasse weiterzugeben.
Am Anfang war das Wort
So heisst es in der Bibel. Wenn dem so ist, dann ist der Widder ein Synonym für dieses inspirierende, göttliche Wort, das alles andere schuf. „Widder“ steht für „Anfang, Beginn, Startkraft, Zündung, Inspiration“. Für „Aufbruch, Durchbruch, Expansion, Extraversion“. Für „Initiative, Vorangehen, Führung“.
Als Widdergeborener erlebt man das Dasein als Herausforderung, als Möglichkeit, sich selbst und seine Wünsche, Ideen und Träume zu verwirklichen. Ausgesprochene Widderidole (und -geborene) sind (und waren) all die Raufbolde und Draufgänger des Films und des wirklichen Lebens wie Giacomo Casanova, Terence Hill, Bette Davis, Hardy Krüger, Steve McQueen, Marlon Brando und Jean-Paul Belmondo. Aber auch so manche, die in der Politik Top-Posten erklommen, wie Gerhard Schröder und Helmut Kohl, verkörpern das Widderideal.
Die Kraft der Inspiration
Noch ein weiteres wichtiges Prinzip versteckt sich hinter dem Namen „Widder“: Den Winter über verbringen die Schafe auf engstem Raum zusammengepfercht im Stall, weil sie sehr kälteempfindlich sind (das sind übrigens auch Widdermenschen). Kaum erlaubt es das Wetter, wollen sie raus, frische Luft, erstes Grün, blauer Himmel (und auch darin sind sie wie die Menschen).
Ich habe einmal in den Bergen erlebt, wie ein Bauer das erste Mal die Türen seines Stalls öffnete und die Schafe samt einem Widder ins Freie hinausliefen. Anfangs waren sie geblendet, fühlten sich dann aber innerhalb von Sekunden sicherer und begannen, eigenartige Verrenkungen zu vollführen, so als wollten sie sich in einer Art Gymnastik warm machen. Dann fingen sie an, in die Luft zu springen. Ich werde nie vergessen, wie die Schafe mit ihren staksigen Beinen in die Luft sprangen – aus Freude, aus Übermut, aus Lebenslust.
Die eigenartigen, spontanen Verrenkungen dienen als Sinnbild für etwas, was Widdergeborenen häufig widerfährt, nämlich dass sie urplötzlich, ohne jeden vernünftigen Grund, eine Idee überkommt, sie einen Impuls verspüren, sie schlagartig von etwas begeistert sind. Widder haben häufig keinen blassen Dunst davon, warum sie etwas tun oder nicht tun, sie haben keine Erklärung für ein bestimmtes Handeln oder Fühlen. Sie werden inspiriert, sie haben einen Draht zu etwas, was man mit logischen, vernünftigen oder empirischen Mitteln nicht nachvollziehen kann. Es kommt einfach über sie. Aber – und das ist das Entscheidende – ihre Inspiration ist genauso wahr wie ein logischer Schluss oder wie eine Erfahrung.
„Am Anfang war das Wort“, nochmals dieses Zitat aus der Bibel. Vielleicht müsste es besser heißen: „Am Anfang war die Inspiration.“ Die Gabe der Eingebung ist eine charakteristische Eigenschaft von Widdermenschen.
Ein Marsjahr
Die Astrologie tauft jedes Jahr mit einem Herrscherplaneten. Die Initiation ist jeweils am 21. März, wenn die Sonne in das Tierkreiszeichen Widder einrückt. Das anstehende Jahr, das also am 21. März begann und dann bis zum 20. März 2024 geht, ist im astrologischen Kalender Mars gewidmet. Wir leben also bereits in einem Marsjahr, und das, während Russland nicht daran denkt, den Krieg mit der Ukraine zu beenden. Wenn wir jetzt nur den gängigen Mythos vom Mars nehmen, steht uns die Ausweitung des Krieges bevor bis hin zu einem dritten Weltkrieg. 1939, als der zweite Weltkrieg begann (1. September 1939) war ebenfalls ein Marsjahr. Und es gibt noch weitere Parallelen: Uranus befand sich damals wie heute im Zeichen Stier, Saturn wie heute in den Fischen, Mars und Pluto stehen in Konjunktion.
Reicht das, um an eine Wiederholung zu glauben?
Sicher ist eine mögliche Auswirkung des Planeten Uranus im Stier, dass man Grenzen nicht anerkennt. Saturn in den Fischen kann als Hinweis dafür genommen werden, dass wieder einmal jemand (Putin) sich auf höhere, geistige Einsichten beruft, um einen Krieg zu führen.
Hoffnung kommt von Pluto im Wassermann und Neptun in den Fischen. Pluto im Wassermann weckt den Wunsch, Grenzen aufzulösen – und nicht, neue zu schaffen. Und Neptun im Tierkreiszeichen Fische weckt natürlich die große Hoffnung, dass es friedlich bleibt.
Steckbrief Mars
In frühen Kulturen galt Mars als bedrohlich und aggressiv – vermutlich, weil seine rötliche Farbe droben am Himmel an Feuer und Blut erinnert. Die Griechen und Römer benannten sogar ihre Kriegsgötter nach ihm. Die rötliche Farbe beruht, wie man heute weiss, auf wüstenartigen Oberflächen. Dass man wiederum diesen Planeten im Altertum zum Kriegsgott erhob, ist sicher darauf zurückzuführen, dass in uns Menschen tatsächlich ein Monster wohnt, mit dem man in Form einer Projektion bestimmt besser zurechtkommt.
Die Frühlingszeit März und April ist die eigentliche Heimat des Planeten Mars. Richtig, die Natur tobt sich aus, drückt zur Seite, was ihr den Weg versperrt. Sie will zum Licht. Aber weder ihr Weg noch ihr Ziel werden bestimmt von Krieg, Mord und Todschlag, sondern von Schönheit und Liebe.