Der Zwillinge Monat April

Erich Bauer

Sommerlich, leicht und beschwingt

Der Monat Juni geht an die Zwillinge. Dieses wunderschöne Tierkreiszeichen beendet den Frühling und macht Platz für die andere Seite des Jahres, in der die Sonne abnimmt und unweigerlich auf den Winter zusteuert. Es heißt Zwilling-e, also Plural. Es sind zwei, eben Zwilling-e. Darin verbirgt sich die Weisheit der Astrologie, denn es besagt, dass das Leben, unsere Existenz, aus Gegensätzen besteht, die aber zusammengehören und miteinander verbunden sind, mehr noch, sich gegenseitig bedingen.

Menschen, die in diesem Zeichen auf die Welt kommen, leben diese zwei Seiten am deutlichsten. Sie sind ungeheuer freundlich, und genauso zum Fürchten schwer und dunkel. Noch deutlicher ist dieser existenzielle Widerspruch im Mythos von Castor und Pollux, den „Dioskuren“ („Söhne des Zeus“), eingefangen. Der oberste Gott hatte ein Verhältnis mit Leda, der Gattin des Königs Tyndareos von Sparta, die seine Gelüste weckte. Zeus wählte einen raffinierten Weg, um sich der verheirateten Leda hingeben zu können: Er verwandelte sich in einen Schwan. Arglos nahm Leda das Tier bei sich auf, nährte und liebkoste es, und als die Nacht kam, erschien es ihr eher wie ein Traum, dass sie sich mit dem Gott in Liebe vereinigte. Kaum war die Liebesnacht vorbei, teilte Leda auch mit ihrem Gatten das Lager. Daher gebar sie schließlich zwei Söhne. Der eine, Pollux bzw. Polydeukes, stammte von Zeus und war deshalb unsterblich. Der andere, Castor, hatte einen menschlichen Vater, nämlich besagten Tyndareos, und war somit wie alles Irdische zur Sterblichkeit verdammt.

Castor und Pollux wurden zwei unzertrennliche Brüder, die im Leben viele Kämpfe gemeinsam überstanden. Als Castor schließlich eines Tages umkam, war Pollux, der Unsterbliche, so verzweifelt, dass er sich entschloss, lieber seinen göttlichen Status zu opfern, um dem Bruder in die Unterwelt, den Orkus, folgen zu können, als ewig getrennt von ihm im Götterhimmel zu verweilen. Diese große Geschwisterliebe berührte die Götter, und sie suchten nach einer Möglichkeit, die beiden Brüder wieder zu vereinen, ohne dass einer immer in der Unterwelt verweilen müsste. Wegen der engen Verbundenheit der Zwillinge genehmigte Zeus schließlich, dass beide zusammenbleiben konnten, und zwar je einen Tag auf dem Olymp und einen im Orkus. Dadurch, dass die Zwillinge ein Tierkreiszeichen und ein Sternbild wurden, ist ihnen ein gebührender, ewiger Platz am Himmel zuteilgeworden.

Die Dualität allen Seins

Dieser Mythos ist nicht auf die Menschen begrenzt, die im Zeichen der Zwillinge auf die Welt kommen. Bestimmt lässt er sich leichter verstecken (verdrängen), wenn man mit einem anderen Stern- oder Tierkreiszeichen auf die Welt kommt. Aber einem bewussten Menschen begegnet dieser Widerspruch ständig. Wobei Castor, der eigentliche und menschliche Sohn des großen Gottes, äusserst getarnt auftreten kann. So lässt er sich auch in einem negativen Tag, einem Unfall, einer Krankheit, einem Problem, einer Niederlage und vielem mehr erkennen. Eine weitere und viel praktizierte Alternative ist die, dass man sich selbst mit einem der beiden Brüder identifiziert und den anderen Teil auf seinen Partner oder andere Mitmenschen projiziert. Dieser Mythos von Castor und Pollux ist so genial, dass sich die gesamte Psychologie und -Pathologie damit fassen lässt. Es offenbart sich auch ein therapeutischer Aspekt: Sich seiner negativen Seite wie auch immer entledigen zu wollen, ist falsch. Richtig ist vielmehr diesem Teil Raum zu geben, dann schafft man damit auch wieder die Hinwendung zum Positiven.

Merkurs doppeltes Spiel

Der leitende Planet der Zwillinge ist Merkur. Er ist der Planet, der der Sonne am nächsten ist, läuft daher auch schneller als alle anderen. Die Astrologie verleiht diesem Merkur eher positive und leichte Seiten. Er verbindet die Menschen auf der Erde untereinander und genauso mit allem, was die Welt sonst zu bieten hat. Seine leichte Seite zeigt nur zwei bis dreimal im Jahr das Gegenteil, nämlich immer dann, wenn er rückwärtsläuft. Das geschieht immer dann, wenn er auf seiner Bahn um die Sonne die Erde überholt. Das hat dann öfters unangenehme Folgen: Ungenauigkeit, Stillstand, Unpässlichkeit, Verspätung, Fehler, Unfall. Hier taucht also etwas davon auf, was man sonst von der Negativseite im Zwilling kennt. Aber die Entsprechung mit diesem Zeichen wird noch deutlicher, wenn man den Lauf Merkurs durch den Tierkreis verfolgt. Je nachdem, in welchem Zeichen und Haus er sich befindet, übertragen sich spezifische Inhalte auf die Horoskopperson. Befindet er sich zum Beispiel im Tierkreiszeichen Widder, oder im ersten Haus, dann wird die Horoskopperson lebendiger, vifer, gerät eventuell auch schneller in Rage. Es ist daher sinnvoll, ja unbedingt wichtig, seinen Verlauf zu kennen, ihm also eine wichtige Bedeutung einzuräumen.

Die anderen Planeten im Juni

Jupiter steht im Stier und im Quadrat zu Pluto im Wassermann. Nach einem Glückszustand wie im Paradies sieht das nicht aus. Eher nach harten Auseinandersetzungen.

Mars wiederum im Löwen und damit ebenfalls im Quadrat zu Jupiter, könnte ohne weiteres eine aggressive Note mit dazu geben. Also die ersten Juni-Tage sind keinesfalls günstig für irgendwelche Geschäfte, bei denen man nur die Hand auszustrecken braucht.

Ab der zweiten Juniwoche befindet sich Venus ebenfalls im Löwen und kommt Mars immer näher. Aber zu einem tatsächlichen Aufeinandertreffen der beiden Liebesplaneten reicht es dann doch nicht. Das lässt auf ein spannendes und sicher auch genussreiches Liebesspiel schliessen.

Merkur bleibt fast den ganzen Monat Juni über in den Zwillingen und lässt auf vergnügliches Miteinander unter den Menschen schliessen.

Saturn bleibt den ganzen Monat über im Tierkreiszeichen Fische. Das ist eine Aufforderung, sich immer wieder nach Innen zu begeben.

Das unterstützt auch Neptun, der ebenfalls in den Fischen steht. Alles in allem wird der Mai also nicht so vergnügt und freundlich, wie man eigentlich erwartet. Nachdenklichkeit und Besinnlichkeit gehören auf jeden Fall mit dazu.

Am 21. Juni, nachmittags um 17:00 Uhr, beginnt die zweite Jahreszeit und damit auch der Sommer. Sich am Abend dieses Tages damit zu beschäftigen, dass die Sonne jetzt wieder abnimmt und auf den Winter zusteuert, ist bestimmt eine gute Einstimmung auf das, was kommt.

Ihr Erich Bauer

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